Theologische Leitlinien


  1. Israel ist und bleibt Gottes auserwähltes Volk. Die fortdauernde Erwählung Israels ist in der Liebe Gottes zu seinem Volk begründet (5. Mose 7,7-8a; Römer 3,3).
    Gott schließt einen bedingungslosen, ewigen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob und dessen Nachkommen. In seinen Bundesschlüssen kommt seine Liebe und Zuwendung zu seinem Volk Israel zum Ausdruck. Auch die Verheißung des neuen Bundes ist zunächst nur Israel zugesprochen (Jeremia 31,31) und bekräftigt den Bund mit Abraham.

  2. Abraham wurde die Verheißung gegeben, dass in ihm alle Völker auf Erden gesegnet werden (1.Mose 12,3; Galater 3,16). Von Anfang an zielt die Verheißung auf das Heil für Israel und für alle Völker. Durch Jesus Christus haben die Völker Zugang zum Heil. Deshalb wird Jesus als Messias und Heiland der Welt bezeugt, verehrt und angebetet (Lukas 2,11). 
    Das Evangelium von Jesus Christus ist die Heilsbotschaft für alle Menschen, Juden und Nichtjuden, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben (Johannes 3,16; Römer 1,16).

  3. Die Aufteilung der Bibel in ein Altes und Neues Testament darf Christen nicht dazu verleiten, die beiden Schriftteile voneinander zu trennen, als ob das Alte Testament der Vergangenheit angehöre und vom Neuen Testament abgelöst worden wäre. 
    Als Christen verstehen und interpretieren wir die Bibel nur in ihrer Einheit von AT und NT. Aufgrund dieser Verbindung ist Glaube an Jesus Christus immer auch Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Uns ist bewusst, dass im rabbinischen Judentum der Tenach (AT) in nachbiblischer Zeit anders interpretiert wird.

  4. In der Gemeinde sind die an Jesus Glaubenden aus dem jüdischen Volk und aus den Völkern einzigartig miteinander verbunden (Galater 3,26+28). 
    Die ersten Nachfolger von Jesus aus Nazareth waren jüdische Menschen. Durch den Dienst der jüdischen Apostel kamen auch nichtjüdische Menschen zum Glauben an ihn. Sie lebten vorher außerhalb des Bundes Gottes mit Israel und sind durch Christus Mitbürger der Heiligen geworden (Epheser 2,12ff). Paulus, der Völkerapostel warnt die Jesusgläubigen aus den Völkern vor Überheblichkeit. Sie sind lediglich als unedle Triebe in den edlen Ölbaum (Israel) eingepfropft worden (Römer 11,17ff).

  5. Juden, die an Jesus, den Messias (= Christus) glauben, nennen sich heute messianische Juden. Sie sehen sich nach wie vor dem jüdischen Volk zugehörig und sind gleichzeitig im Leib Jesu mit den Christen aus den Völkern verbunden. Deshalb ist es Aufgabe der Kirche, messianische Gruppen und Kreise zu unterstützen und zu stärken. 
    Die Kirche duldete spätestens seit dem 4. Jh. keine Judenchristen mehr in ihren eigenen Reihen. Sie wurden als Irrlehrer verurteilt. Die Trennung zwischen Kirche und Synagoge war vollzogen. Messianische Juden zeigen heute, dass es möglich ist, an Jesus zu glauben, ohne dabei die jüdische Identität aufzugeben. Zudem könnten sie ein wichtiger Partner im Trialog zwischen Kirche und rabbinischem Judentum sein.

  6. Jeglicher „Judenmission“ ist eine Absage zu erteilen, wenn es darum geht, Menschen jüdischen Glaubens zu irgendeiner "Form von Christentum" bekehren zu wollen (Römer 3,30).
    Wer im Geist Jesu Christi das Evangelium in Wort und Tat weitergibt, wird es immer in Respekt, Achtung und Liebe tun. Für die Begegnung mit jüdischen Menschen gilt, dass Juden, die an Jesus, als ihren Messias glauben, nicht zu einem fremden Gott "konvertieren". Sie finden durch Jesus Heil und vertrauen dadurch dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. 

  7. Aus Liebe und Respekt vor jüdischen Menschen und vor dem Hintergrund des unsagbaren Verbrechens der Schoa sind wir aufgefordert, jeglichem Antisemitismus entgegenzutreten. 
    Die Überheblichkeit der Kirche gegenüber Israel und die Substitutionstheologie, wonach Israel verworfen sei und die Kirche sich als das wahre Israel sieht, hat dazu beigetragen, dass Juden über viele Jahrhunderte ausgegrenzt und verfolgt wurden. Als Christen sind wir aufgefordert, jeglichem Antijudaismus und Antizionismus zu wehren und uns für Frieden und Versöhnung einzusetzen.


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